Rödelheim. Der zweijährige Thomas fragt: „Willst du mit mir qiánfú spielen?“. Sein neuer
Freund Revey antwortet: „Āi, ich verstecke mich, und du zählst bis 100.“
Dialoge, wie Thomas und Revey sie führen, sind in Rödelheim bald Alltag. Denn im
Zentmarkweg entsteht hessenweit die erste deutsch-chinesische Kindertagesstätte.
Das Dach ist schon gedeckt, die Fenster eingesetzt und die Außenfassade
gestrichen. Aktuell geht es mit Hochdruck an die Inneneinrichtung.
Yi
Tao ist die Erste Vorsitzende des Internationalen Chinesisch-Deutsch
pädagogischen Vereins (ICDP) und mächtig stolz: „Nach fast fünf Jahren ist es am
1. August endlich soweit. Unsere gemeinsame Vision einer bilingualen
Kindertagesstätte wird wahr.“ Tao lebt seit über 26 Jahren in Deutschland, ihre
Kinder sind hier geboren und zur Schule gegangen. Von Beginn an engagierte sich
Tao im Elternbeirat, ihre Kinder nahmen das wöchentliche Angebot einer
Sprachschule wahr und lernten nicht nur die Sprache Chinas, sondern auch
chinesische Werte kennen. Tao bedauerte es immer, dass es kein größeres Angebot
in diesem Bereich gibt. Eine Kindertagesstätte, in der die Kleinen in einer
bilingualen Umgebung mit deutschen und chinesischen Werten und sprachlichen
Errungenschaften erzogen werden, hätte sie sich für ihre Kinder gewünscht.
Während ihrer vielen Tätigkeiten in Elternkreisen stellte sie fest, dass sie
nicht alleine mit diesem Wunsch war. Und so war die Idee für Jojo geboren - die
erste bilinguale Kindertagesstätte in Frankfurt. Jojo ist chinesisch und heißt
übersetzt „kleines Reh“.
Anfangs wird es zwei Gruppen geben. Eine Gruppe
mit zehn Kindern unter drei Jahren und eine Gruppe mit 20 Kindern im Alter von
drei bis sechs Jahren. Beide werden jeweils von einer deutschen und einer
chinesischen Erzieherin betreut. Bilinguales Aufwachsen – und zwar konsequent.
Tao erklärt: „Nur so werden die Kinder unbewusst beide Sprachen fließend
lernen.“ Zudem werden die Kinder mit den Kulturen beider Länder vertraut:
Chinesische Kampfkunst, Ausflüge in die Natur, chinesische und deutsche
Volkslieder und mehr werden geboten. Erst nach zwei Jahren können mehr Kinder
aufgenommen werden, so schreibt es das Gesetz vor. Denn im Falle einer
Schließung muss die Stadt gewährleisten können, dass sie die Kinder in anderen
Tagesstätten unterbringen kann.
Manfred Nöldner ist ebenfalls
Mitbegründer der ersten Stunde. Seit vielen Jahren setzt er sich mit Herzblut
ehrenamtlich für verschiedene Tätigkeiten ein. Unter anderem ist er Präsident
eines Vereins, der in Kambodscha eine Schule für 500 Kinder geschaffen hat. In
Frankfurt engagiert er sich bei der Obdachlosenbetreuung und Drogenberatung. Und
jetzt auch in der Kinderbetreuung. Nöldner erzählt: „Viele chinesische Familien
leben aus beruflichen Gründen für einige Jahre in Deutschland und andersherum.
Besonders diesen Familien wollen wir helfen, sich in beiden Sprachen zuhause zu
fühlen.“ Nöldner arbeitet beim Finanzamt und ist Kassenwart des Vereins sowie
Berater für finanzielle Belange. Beispielsweise hat er die Satzung für den
Verein geschrieben und sich um Zuschüsse gekümmert. Und das auch erfolgreich. Im
März hat der Verein den Zuwendungsbescheid von der Stadt erhalten: 140.000 Euro
gibt es an investiver Förderung. Außerdem bekommt Jojo in den ersten drei
Monaten eine kostendeckende Anschubfinanzierung. Ein Investor, chinesische
Verbände sowie Spenden von Mitgliedern und Freunden haben ebenfalls zur
Finanzierung beigetragen. Eltern werden für einen Kita-Platz nicht mehr als bei
einer städtischen Kindertagesstätte zahlen, verspricht Tao.
Fünf Jahre
hat es gedauert, bis der Verein soweit war. Jahre, in denen nicht nur ein
Bauplatz, ein Bauplan und jede Menge Geld gesammelt wurden, sondern auch viel
Bürokratie bewältigt werden musste. Die Anerkennung als gemeinnütziger und
mildtätiger Verein durch das Finanzamt war der Startschuss für das große
Projekt. Schnell stellte sich heraus, dass man noch weiterhin viel Zeit und
Geduld aufbringen musste. Allein zweieinhalb Jahre dauerte die Suche nach einer
geeigneten Liegenschaft. Endlich gefunden, war es damit noch lange nicht getan:
Genehmigungen, rechtliche Anträge, Koordination zwischen Schulamt und Architekt,
Sachbearbeiter versus Unternehmer. Den Job des Problemlösers übernimmt hier
Franz Schmitt von der Wirtschaftsförderung Frankfurt, die das Projekt
unterstützt. „Beisitzer für besondere Arbeit“ nennt sich sein Amt. Schmitt
agiert als Mediator zwischen den Stühlen: „Verwaltung und Unternehmer wollen
sich im Prinzip einigen, aber auch nicht nachgeben. Ich sorge dafür, dass beide
Seiten ihr Gesicht wahren und es Kompromisse gibt.“
In regelmäßigen
Abständen treffen sich die mittlerweile 15 Vereinsmitglieder zum Stammtisch und
sprechen darüber, was noch getan werden muss. Marion und Todd Hildreth sind die
Eltern von Thomas und heute zum ersten Mal beim Stammtisch. Sie haben fünf Jahre
in China gelebt und sind jetzt wieder in ihre Heimat zurückgekehrt. „Uns ist es
wichtig, dass unsere Kinder die chinesische Kultur und Sprache nicht vergessen.
Deshalb finden wir es klasse, dass es jetzt Jojo gibt“, sagt Marion
Hildreth.(Quelle: Presseamt der Stadt Frankfurt)
2 Kommentare:
Schade, daß meine Kinder für eine Kita schon zu alt sind :)
Wobei die Kritierien für die Aufnahme relativ eng sein sollen (ein Elternteil chinesisch, etc.)
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